Diskussion zu Velma Wallis "Zwei alte Frauen"

Inhaltsangabe des Verlages: http://www.piper-verlag.de/taschenbuch/buch.php?id=17445&page=&sort=autor&auswahl=A&pagenum=1
“Ein Nomadenstamm im hohen Norden von Alaska: Während eines bitterkalten Winters kommt es zu einer gefährlichen Hungersnot. Wie das alte Stammesgesetz es vorschreibt, beschließt der Häuptling, die beiden ältesten Frauen als »unnütze Esser« zurückzulassen, um den Stamm zu retten. Doch in der Einsamkeit der eisigen Wildnis geschieht das Unglaubliche: Die beiden alten Indianerfrauen geben nicht auf, sondern besinnen sich auf ihre ureigenen Fähigkeiten, die sie längst vergessen geglaubt hatten.”

Unser Kommentar:
Die Sprache ist eher einfach gehalten, das verleiht dem Buch eine gewissen Authentizität. Man spürt, dass Wallis diese Erlebnisse und Naturereignisse zum Teil selbst erlebt hat. So kommt es zu einem sehr beschreibenden Stil, der jedoch kaum Raum für das Ausdrücken von Gefühlen läßt. Die Darstellung des Naturlebens ist nicht verklärt, sondern in seiner ganzer Härte aufgezeigt. Die Unterhaltungen und die Freundschaft zwischen den Frauen durchlaufen eine Entwicklung. Erst nach Befriedigung der Grundbedürfnisse ist ein Gedankenaustausch möglich und denkbar. Die Alten suchen  auch bei sich nach Fehlern : sie haben sich gehen lassen, sind bequem geworden, obwohl es anders möglich gewesen wäre.

Wallis selbst zieht am Ende des Buches eine Lehre aus der Geschichte der beiden alten Frauen:
    a) alte Menschen müssen gut behandelt werden
    b) als alter Mensch soll man nicht aufhören, aktiv am Leben teilnehmen

Wir haben uns während der Diskussion folgende Fragen gestellt:
Was ist entscheidend? Das Wohl des Einzelnen oder das Wohl der Gemeinschaft?
Hier wurde für das Volk entschieden und letztendlich war es gut, denn nur so konnten die Frauen ihr Potential wiederfinden und das Volk letztendlich retten.

Was ist Moral?
Gablers Wirtschaftslexikon beantwortet diese Frage, wie folgt: “MORAL; Sitte; bezeichnet - im Unterschied zur Ethik als Theorie der Moral - die normativen Regeln, die das Handeln von Menschen faktisch bestimmen bzw. bestimmen sollten, wobei Menschen auf den Verstoß gegen diese Regeln mit Schuldgefühlen reagieren. Die mores umfassten traditionell das Spektrum von den Konventionen bis zu sanktionsbewehrten Rechtsregeln. Bei Kant erfolgt eine Verengung und Vertiefung des Begriffs Moral auf die Autonomie des Gewissens jedes einzelnen, das allerdings wegen des Anspruchs auf Allgemeingültigkeit seiner Maximen konzeptionell an die Gesellschaft, bei Kant an die Menschheit, gebunden bleibt. Seit Hegel wird daher zwischen Moral, „Moralität” im Sinn individueller Überzeugung, und „Sittlichkeit” im Sinn von durch Recht und Verfassung gestütztem, historisch-kulturell bedingtem Institutionensystem einer Gesellschaft unterschieden.”

Moral liegt folglich bei jedem Einzelnen. Jeder kann sich nur innerhalb der Regeln der Gesellschaft , in der er lebt, bewegen. Man sollte nie außer Acht lassen, dass unsere heutige Interpretation der Geschichte auf Basis unserer Moral, unseres Kulturkreises fußt. Vor allem, bevor man den Anführer des Volkes für seine Entscheidung beginnt zu verurteilen.

Unser Fazit:
Erfahrungen Älterer weiß man erst zu schätzen, wenn man selbst schon Erfahrungen gesammelt hat und kann daher auch nicht immer unmittelbar darauf aufbauen. Wallis’ Buch hat nichts an Aktualität eingebüßt, was das Verhalten in einer Gemeinschaft in Krisenzeiten betrifft und den Umgang der Generationen untereinander. Der Mensch wird zum Tier, sobald es zu einer lebensbedrohlichen Krise kommt, egal wie zivilisiert man ist oder glaubt zu sein.