Diskussion zu "Das Haus zur besonderen Verwendung" von John Boyne

 

Zunächst haben wir uns über die tatsächlichen historischen Hintergründe Gedanken gemacht. Z.B. über die Klärung tatsächliches Schicksal Anastasias gesprochen. Ihre Leiche wurde erst 2007 durch Russische Archäologen entdeckt und es wurde durch DNS Test bewiesen, dass es sich um Anastasia handelt. Mehrere Frauen hatten sich im Laufe der Geschichte als Anastasia ausgewiesen

Der Zarensohn litt tatsächlich an der Bluterkrankheit. Nur Männer können die Bluterkrankheit bekommen. Frauen können es allerdings vererben, Königin Victoria aus England hat es an ihr Kinder vererbt (an zwei Töchter und einen Sohn) und von England aus kam es zu den Romanows.    

John Boynes “Das Haus zur besonderen Verwendung” ist eine plausible Geschichte.

Es gibt zwei Zeitstränge, die sich quasi treffen. Alles ist aus Gregoris Sicht geschildert. Sie fließen zusammen, als sie wieder in Petersburg sind, um dort noch einmal die weißen Nächte zu erleben. Dort  begegnen sie dem gleichen Pärchen, denen sie schon bei ihren ersten weißen Nächten am Fluss über den Weg gelaufen sind. Die Frau erkennt Anastasia wieder.

Wenn man die Romanow Geschichte kennt, ist relativ früh klar, dass Soja die rusissche Zaren-Tochter ist. Wenn man die Romanow Geschichte nicht kennt, ist einem bis kurz vor Ende immer noch nicht klar, wie die beiden Geschichte zusammen kommen.
Soja und Greogri haben es nicht mal dem eigenen Kind(bzw. dem Enkelkind) gesagt, wer Soja wirklich ist.  Weiß der Psychologe Bescheid?

Rasputin ist ebenfalls eine historisch belegte Figur und war sehr politisch einflussreich.
Dass Gregori mit am Mord beteiligt fanden einige überzogen, andere dagegen fanden. es passend und schlüssig. Es zeigt auch mal eine dunkle Seite von Gregori.

Eine weitere Frage, die wir hatten, war: warum holt er seine Schwester nicht mit in den Palast als er die Chance dazu bekommt?
a) er hat Angst, wenn sie was macht - dann fliegt er mit rauf
b) Abschluss mit der Vergangenheit
c) sie hat früher immer gewusst, wo es lang geht, jetzt entschiedet er selbst, das Blatt könnte sich wieder wenden
Gute Episode, da es eine andere Seiten seines Charakters zeigt.

Hier die “Schattenseiten” von Gregori, die uns so aufgefallen sind:
- Geheimdienst ohne Nachfragen
- Härte zur Fahrerin
- Mord Rasputin
- bring seinen besten Freund ins Verderben, obwohl ihn retten will
- er nimmt Sojas Leiden nicht wahr
- er belügt seine Schwester und schickt sie wieder heim

Wir haben uns außerdem gefragt: ist dies eine gleichberechtigte Liebe zwischen Soja und Gregori? Ist Soja zu traumatisch? Wollte sie durch die Affaire mit dem Amerikaner Gregori nur schützen und ihn zum Aufgeben zwingen - oder hatte sie Sehnsicht nach einem Unbelasteten?
Unsere Antwort lautet: Nein, nicht gleichberechtigt: sie war dazu nicht mehr in der Lage.
Frankreich hat vor allem ihr Leiden bestärkt: hier ist sie nicht sicher und sie bringt Unglück über alle, die ihr nahe sind. Dennoch war Russland schon Trauma genug.
Ein Unterschied ist außerdem gesellschaftlich bedingt: sie Zarentochter, er Bediensteter; obwohl sie versucht, ein normales Leben zu führen

Beide verlassen England nicht mehr, der Sicherheitsaspekt rückt immer mehr in den Mittelpunkt, sie haben Angst in den anderen Ländern, entdeckt zu werden. Sie fühlen sich heimatlos - gehörten nirgendwohin. Sie kaum Freunde - außer in Frankreich Leo und Sophie; später die Nachbarin.

Ihr Trauma durch Familientod größer als seins? Gab es den “Fluch der Romanows”? Denn auch Sojas Tochter stirbt, bei einem Autounfall, als sie einem Hut nachläuft und die Fahrerin kann nicht mehr bremsen. Gregori spricht mit der Fahrerin als diese eine Art Absolution will. Er fragt sie, warum man glaubt, dass Mütter stärke unter dem Tod der Kinder leiden als die Väter und sie sehr hart zu ihr.
Er hat es eher abgeschüttelt, dies liegt vielleicht am BIldungshintergrund, er nimmt sich weniger wichtig, sie sieht sich als Unglücksbringer - das würde er nie tun. Da sie aber durch ihre Herkunft auch viel eher im Mittelpunkt steht.
        
Die Übersetzungstätigkeit Gregori für den Geheimdienst und sein Besuch bei Churchill ist vielleicht auch etwas weithergeholt, allerdings beleuchtet es einen weiteren Aspekt seines Charakters.

War sein Bildungsniveau realistisch?  Gregories Schwester hat ihm beigebracht zu lesen, aber woher konnte sie das? Den Rest hat dann der Unterricht bei Alexei ihm gebracht, der teil ist gut nachvollziehbar.
Schulpflicht? Gab es schulen in Russland zu dieser Zeit?

Ein anderes Thema war die Todesstrafe: Wann wurde sie in Frankreich abgeschafft? Schließlich wurde sein Freund als Revolutionär hingerichtet. Interessanterweise wurde sie in Frankreich1977 das letzte Mal vollzogen.

Unser allgemeines Fazit: dies Buch ist gut recherchiert und wert gelesen zu werden.

Hier gibt es ein paar Informationen zum Autor.