Haruki Murakami - Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki

Der Verlag schreibt folgendes über den Inhalt:

"Der junge Tsukuru Tazaki ist Teil einer Clique von fünf Freunden, deren Mitglieder alle eine Farbe im Namen tragen. Nur Tsukuru fällt aus dem Rahmen und empfindet sich auch im übertragenen Sinne als farblos. Als er nach der gemeinsamen Schulzeit nach Tokyo geht, tut dies der Freundschaft keinen Abbruch. Zumindest nicht bis zu jenem Sommertag, an dem Tsukuru voller Vorfreude auf die Ferien nach Nagoya zurückkehrt und herausfindet, dass seine Freunde ihn plötzlich und unerklärlicherweise schneiden. Er erhält einen Anruf: Tsukuru solle sich in Zukunft von ihnen fernhalten, er wisse schon, warum. Verzweifelt kehrt Tsukuru nach Tokio zurück, wo er ein halbes Jahr am Rande des Selbstmords verbringt. Viele Jahre später offenbart sich der inzwischen 36-Jährige seiner neuen Freundin Sara und stellt sich, von ihr ermutigt, den Dämonen seiner Vergangenheit."

 

Quelle: http://www.dumont-buchverlag.de/buch/murakami-pilgerjahre-des-farblosen-herrn-tazaki-9783832197483/

 

Unser Fazit:

 

Obwohl es durch Exaktheit und Detailtreue (vor allem in Alltagsdingen, hier aber ohne zu langweilen) geprägt war, war es dennoch minimalistisch und reduziert. Murakami schafft es Teile der japanischen Kultur uns Menschen aus der westlichen Kultur auf ganz besondere Weise nahezubringen. Trotz schwerer“ Themen wie Selbstmord (wir haben diskutiert, ob Shiro vielleicht Selbstmord verübt hat, aber da es eine Schande für die Familie wäre, hat man es als Mord dargestellt) oder Mord, Tod,  Vergewaltigung etc. hat das Buch eine unglaubliche Leichtigkeit. Obwohl nicht besonders viel passiert, hält es einen bei der Stage, man möchte unbedingt wissen, wie es weiter geht.

 

 

 

Herr Tazaki ist zwar - im Namen - farblos, gleichzeitig können aber andere in ihm sehen, was sie benötigen, wie ein Gefäß, das man füllen kann. Überhaupt haben wir viel über ihn sowie über die anderen Protagonisten und seine Beziehung zu ihnen gesprochen. Auch seine Beziehung zu Sara und zu Haida haben wir uns angeschaut und über seine Passivität diskutiert.  Weiterhin finden wir, dass Tazaki zwangsneurotisch ist und von einer unglaublichen Selbstbeherrschung geprägt. Tazaki lebt in einer Art self fulfilling prophecy: alle verlassen mich, ich kann nichts dagegen tun = weil er nichts tut, verlassen ihn alle.

 

 

 

Das Motiv des Bahnhofs hat uns beschäftigt, wir fanden es faszinierend, wie entschleunigend seine Besuche auf der Bahnhofsplattform auf ihn wirken. Und dass er noch nie wirklich eine Reise gemacht hat (außer dann nach Finnland), obwohl er Bahnhöfe baut und von ihnen fasziniert ist.

 

 

 

Obwohl Murakami für seine surrealistischen, magischen Szenen oder übersinnlichen Elemente bekannt ist, hat dieses Buch kaum etwas davon. Die Traumszenen sowie die Geschichte von Haidas Vater mit dem Pianisten und dem Beutel auf dem Klavier zeigen noch Züge hiervon.

 

 

 

Gut gefallen hat uns auch, dass wir manche Szenen auf zwei unterschiedliche Weisen interpretieren konnten, dass Murakami hier für den Leser sehr viel Freiraum / Interpretationsspielraum gelassen hat, z.B. hat Tazaki Shiro vergewaltigt? Ist er ihr Mörder? Durch seine Träume, oder sind es gar Erinnerungen, die er verdrängt hat, könnte man den Eindruck bekommen, dass er durch der Täter war oder eben nicht. Das ist hohe Kunst.

 

 

 

Das offene Ende war ebenfalls keineswegs störend. Stirbt er oder schläft er nur?